Foto: M.Ossmann Der Anblick 10/2022

Martin Ossmann, Chefredakteur der Jagdzeitschrift Der Anblick gibt in der Ausgabe Oktober 2022 S. 50 ff. ein Gespräch wieder, das am Rande der mitteleuropäischen Jagdtagung im tschechischen Zidlochovice mit der Präsidentin des Vereins Grünes Kreuz Dr. Christa Kummer und dem steirischen Landesjägermeister Franz Mayr-Melnhof-Saurau geführt wurde. 

Frau Kummer, die Jagd ist immer eingebettet in ihr gesellschaftliches Umfeld. Wie nehmen Sie dieses Klima heute wahr?

Christa Kummer: Definitiv muss die soziale Komponente in der kommenden Zeit wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Wir haben total vergessen, dass wir Teil und nicht Herrscher über die Natur sind. Das fliegt uns jetzt um die Ohren. Fichtenmonokulturen sind eine Erfindung des Menschen. Sie sind labil und können sich auf die Auswirkungen des Klimawandels – den niemand mehr leugnen darf – nicht einstellen. Wir alle sind Zeugen einer Wende: Natur, Wirtschaft, Wissenschaft. Auch hier ist die Jagd ganz besonders betroffen. Das Prinzip „So war es eh immer“ gibt es nicht mehr. Über lange Jahre haben wir bequem gelebt und unbequeme Entscheidungen aufgeschoben. Die bequemen Schuhe müssen wir jetzt ausziehen, wir müssen neue anziehen. Veränderung ist immer verbunden mit Angst. Sehen wir den Veränderungen aber mit Freude entgegen, weil wir Pioniere sein können.

Herr Landesjägermeister, ist der klima-bedingte Waldumbau zu schaffen, ohne zeitgleich alle Anforderungen an eine tierschutzgerechte und strukturgerechte Schalenwildjagd über Bord werfen zu müssen?

Franz Mayr-Melnhof-Saurau: Das muss uns einfach gelingen! Hier sind aus meiner Sicht drei Faktoren für die Zukunft der Jagd esseziell: Erstens handelt es sich bei unseren heimischen Schalenwildarten um hochentwickelte Säugetiere, auf deren Bedürfnisse wir immer einzugehen haben. Jäger müssen darauf hinweisen, wenn es hier zu einem Ungleichgewicht kommt, wenn diese faszinierenden Wildtiere nur mehr als zu vernichtende Schädlinge betrachtet werden und es hier zu einem Ungleichgewicht kommt. Das Modell „7x64 für alle und alles“ darf nicht das Einzige sein, was wir Jäger anzubieten haben.

Zweitens haben wir eine Zunahme von Wald, er bietet aus meiner Sicht einen wesentlichen Rohstoff für die Zukunft. Auch ich lebe vom Wald und gebe im Gegensatz zu manch anderem offen zu: Den klimafitten Wald müssen wir erst entwickeln. Fragt man jene, die sich ernsthaft damit beschäftigen, blickt man überwiegend in ratlose Gesichter. Wer anderes behauptet, verlässt den Boden der Seriosität. Wir leben in Europa in einer Region der starken Industrialisierung. Allein der Stickstoff-eintrag über die Luft ist heute enorm, das beeinflusst die Wuchsleistungen in Wald und Flur. Einhergehend ist mit der Industrialisierung der dramatische Verlust der Artenvielfalt zu beobachten. Drittens ist in Österreich auch der enorme Zuwachs im Tourismus zu nennen. Im Jahr 1980 verzeichnete man in der Steiermark noch 3,5 Millionen Winter-Nächtigungen jährlich, 2018 waren es bereits rund 6 Millionen. Vor diesem Hintergrund ist zu sagen, dass Touristiker heute unsere Landschaften wesentlich mitentwickeln. Mit dem Projekt zur Etablierung eines Besucherlenkungsprogramms setzen wir in der Steiermark hier ein wichtiges und notwendiges Zeichen.

Wie weit hat sich die Gesellschaft von der Natur entfernt?

Christa Kummer: Ich habe vor wenigen Tagen mit angehenden Jägern gesprochen. Sie sind Ärzte und Eltern von achtjährigen Zwillingen, die in ihrer Schule eine sehr tierschutzbewusste Bildung erfahren. Die Eltern waren gefordert, ihren Kindern zu erklären, warum sie zukünftig auch Tiere erlegen werden. Eines der Kinder zeigte sich bald überzeugt und fand es spannend, dass Papa und Mama nun für das „Mega-bio-Fleisch“ selbst zuständig sind. Es geht also darum, wie kommuniziere ich, wie präsentiere ich, und ich glaube, wir brauchen innerhalb der Jagd nichts beschönigen und auch nichts glorifizieren, wir brauchen aber auch nichts schlechtreden. Wir sollen die Dinge einfach nur ehrlich beim Namen nennen. Trophäenjagd ist Nichtjägern praktisch nicht zu erklären. Wir Jäger wissen aber, dass alte Stücke, Wildbretgewichte und starke Trophäen auch Auskunft über die Vitalität von Wildbeständen geben etc. Dass wir uns darüber indirekt über die Trophäe freuen, muss man schon gut erklären können.

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